Wilhelm Furtwängler - Korrespondenz

"Es war ein sehr heißer Tag, der 4 Juni. (...) F. muß schnell durch seinen Garteneingang sein Arbeitszimmer erreicht haben, denn nicht lange darauf kam er in das Empfangszimmer. Er verzog bei der Begrüßung keine Miene, forderte mich auf, Platz zu nehmen. Ich hatte den Eindruck, dem alten Goethe gegenüberzusitzen." (*3)


Die Begegnung mit Wilhelm Furtwängler beschreibt Rudolf von Oertzen als ein sehr aufregendes und impulsgebendes Kennenlernen. Während des Besuchs spielt er ihm Teile des Oratoriums HIOB vor, woraufhin W. Furtwängler seine Unterstützung anbietet.


"F. legte die Partitur auf seine Knie und ich begann aus der Kladde zu spielen. Anfangs wollte F. ein wenig mit der Hand mitdirigieren,  aber schon nach den ersten Takten ließ er es und hörte gespannt zu. Er unterbrach mich nicht ein einziges Mal und so spielte ich die ganze Partitur bis zum Ende. Dann saß F. eine geraume Zeit in sich zusammengesunken da, nickte mit dem Kopf mehrfach und sagte dann: Ja, ich muß schon sagen, eine sehr klare Partitur. Kommen Sie bitte herein!

Er öffnete mir wieder die Flügeltür ins Nebenzimmer und war nun von wirklicher menschlicher Herzlichkeit. Er sagte: Ich kann mir denken, dass eine große Wirkung von diesem Werk ausgehen wird. Ja, was denken Sie denn, was damit zu tun ist?" (*4)





*3, Müh-seliges Leben, R.v. Oertzen Autobiografie, Seite 109

*4, ebd., Seite 111